Die Neumark - das Land östlich der Oder


Neumark Polen
Stara Rudnica, das ehemalige Alt Rüdnitz

Ab dem 6. Jahrhundert siedelten slawische Völker beiderseits des unteren Laufes der Warthe, darunter die Polanen (Landbewohner) und die Pomeranen (Meeresbewohner). Nach langen Machtkämpfen setzten sich die Polanen durch und gründeten im 10. Jahrhundert das Herzogtum Polen. Heute erinnert noch vieles an den ersten polnischen Herrscher Mieszko I. Anfang des 13. Jahrhunderts begann die Einwanderung niederdeutscher Siedler in die Neumark. Templer und Johanniter gründeten Klöster und erste deutsche Siedlungen entstanden. Die Neumark, für wenige Jahrzehnte unter Hans von Küstrin selbstständiges Fürstentum, durchlebte eine wechselvolle Geschichte. Viele Bauwerke und so mancher polnische Ortsname erinnern noch heute daran. Professor Karl Schlögel schreibt über die historischen Veränderungen, die mit dem Jahr 1945 vollzogen wurden:

„Was einmal Deutschlands Osten war, war in einer geschichtlichen Sekunde zu Polens Westen geworden. Die Heimat, die die einen verloren hatten, wurde zur Heimat für andere, die selber ihre Heimat, noch weiter im Osten verloren hatten. Landschaften, die solche Vergangenheiten haben, können dramatische Geschichten erzählen. Man muss sie freilich lesen und zu Gehör bringen können. Es bedarf dazu einer großen Sensibilität, die radikal verschiedenen Erfahrungen gerecht werden kann, es bedarf der Schulung der Sinne, um solche Orte durchsichtig machen und erschließen zu können.“ (Almanach Terra Transoderana)

Dem Gast eröffnet sich während der Fahrt eine wunderschöne Landschaft, historische Orte mit zahlreichen Spuren deutscher Geschichte und Zeugnissen der jüngsten polnischen und deutschen Geschichte.

Hinweis: Bei der Planung ist zu beachten, dass das Busunternehmen eine bestätigte Personen-Beförderungssteuer für Polen besitzt oder der Veranstalter von der Ausnahmeregelung profitieren kann (siehe: http://www.polen.travel/de/reisebranche/personenbeforderungssteuer-in-polen). Zum Passieren der Grenze sollte die Stadtbrücke in Frankfurt (Oder) oder die Brücke bei Hohensaaten genutzt werden. Der Übergang Küstrin-Kietz ist für Busse gesperrt.


Historische Orte in der ehemaligen Neumark (Auswahl)

Garnison und Festung Küstrin (heute: Kostrzyn)

Festung Küstrin Hans von Küstrin
Das Denkmal für Hans von Küstrin (historische Postkarte)
  •  An die frühere Festungs- und Garnisonsstadt erinnern seit 1945 nur noch Ruinen. 
  • Hans von Küstrin wählte den Ort zur „Hauptstadt der Markgrafschaft Neumark“. Das Schloss und die Festung entstanden. Das „Muzeum Twierdzy Kostrzyn nad Odrą“ wird das Denkmal wieder erreichten. Der Sockel befindet sich bereits am historischen Platz.
  • In die Geschichte ist der 6. November 1730 eingegangen. Kronprinz Friedrich saß nach der misslungenen Flucht im Schloss in Haft und nur wenige Meter davon verlor Leutnant Hermann von Katte seinen Kopf.
  • Nach zweimonatigen Kämpfen war die gesamte Stadt zu mehr als 98 % zerstört. Aus Küstrin wurde 1945 Kostrzyn.

 


Sonnenburg – eine Geschichte mit Gegensätzen (heute: Słońsk)

Ehemalige Johanniterkirche, links Mamorkanzel mit Johanniterkreuz
Ehemalige Johanniterkirche, links Mamorkanzel mit Johanniterkreuz

  • Inmitten des Warthebruchs gelegen, erfuhr Sonnenburg im 15. Jahrhundert durch den Johanniterorden einen Aufschwung, denn für fast 400 Jahre hatte der Herrenmeister hier seinen Sitz. Sein Schloss ist heute eine Ruine.
  • In der liebevoll sanierten ehemaligen Johanniterkirche erinnern der Renaissance-Altar, die Mamorkanzel, der prächtige Altar, das mit Wappen versehene Gewölbe und die Kirchenfenster an die Blütezeit des Ortes.
  • Am Ortsausgang informiert ein neu gestaltetes Museum über das ehemalige Zuchthaus, in dem bereits Mitte des 19. Jahrhunderts politisch Andersdenkende eingesperrt wurden. 1933 entstand hier eines der ersten Konzentrationslager in Deutschland. Ende Januar 1945, wenige Stunden vor dem Eintreffen der Roten Armee, erschoss ein SS-Kommando 813 Insassen aus vielen europäischen Ländern.

 


Vom Ordensland zum Naturpark Warthemündung

Das Malta in der ehemaligen Neumark
Das Malta in der ehemaligen Neumark

  • Das Warthebruch, in der letzten Eiszeit entstanden, ist ein ca. 500 km² großes Feuchtgebiet und für Ornithologen ein wahres Paradies. 245 Vogelarten leben hier und über 200 000 Wildgänse landen auf ihrem Zug hier. Nicht umsonst prägt die Saatgans das Wappen des Nationalparks.
  • Wie im Oderbruch verursachten Hochwasser schwere Schäden. 1763 begannen Deicharbeiten und Neudörfer – wie Malta, Neu Amerika und New Yorck – entstanden.
  • Die für die weitere Entwicklung, nicht nur in dieser Region, bedeutsame Ostbahn durchzog das Warthebruch.

 

 

 


Landsberg - die Stadt an der Warthe (heute: Gorzów Wielkopolski)

Schiffanlegestelle an der Warthe, dahinter das Eisenbahnvidukt der ehemligen Ostbahn
Schiffanlegestelle an der Warthe, dahinter das Eisenbahnvidukt der ehemligen Ostbahn
  •  1257 wurde Landsberg im Auftrag der brandenburgischen Markgrafen gegründet und mit dem Brandenburger Recht ausgestattet. Die Neugründung sollte als Bollwerk gegen die nur wenige Kilometer entfernte polnische Grenzbefestigung dienen. Allerdings eroberten die Brandenburger 1296 diese Befestigung endgültig.
  • Nach der Trockenlegung des Warthebruchs und die verkehrsmäßige Erschließung (z. B. Ostbahn, Schifffahrt) erfuhr die Stadt einen wirtschaftlichen Aufschwung.
  • Heute ist Gorzów ein wichtiges administratives Zentrum und ein wichtiger Wirtschafts- und Hochschulstandort.Die neu errichtete Kirche der Lemken erinnert an die Ukrainer, die durch die Aktion Wisła ihre Heimat verloren.

 


Berlinchen – die "kleine Schwester" Berlins (heute: Barlinek)

Das Wahrzeichen von Berlinchen der Gänselieselbrunnen
Das Wahrzeichen von Berlinchen der Gänselieselbrunnen
  • Vom Barlinek See eröffnet sich ein Blick auf das Panorama der Stadt. Die alte Stadtmauer, der Markt und die ehemalige Marienkirche künden vom früheren Leben und dem bescheidenen Reichtum der Bewohner.
  • Hier verlief früher die Grenze zwischen Pommern und Brandenburg. Die Namensdeutung des kleinen Städtchens bleibt von Legenden umwoben.
  • Der berühmteste Sohn ist der mehrfache Schachweltmeister Emanuel Lasker (1868-1941). Er war der einzige deutsche Weltmeister und trug diesen Titel 27 Jahre lang.

 


Soldin – die Stadt der Klöster und Kapellen (heute: Myślibórz)

Denkmal mit der Aufschrift „Beschenkt uns mit Frieden“, umflochten mit 120 Efeublättern, ein Blatt für jedes Opfer.
Denkmal mit der Aufschrift „Beschenkt uns mit Frieden“, umflochten mit 120 Efeublättern, ein Blatt für jedes Opfer.

  • Noch heute zeugen Spuren vom Wirken der Dominikaner und Templerritter. Mitte des 13. Jahrhunderts erwarben die brandenburgischen Markgrafen Johann I. und Otto III. das Land. 1261 wurde die Stadt Soldin erstmals urkundlich erwähnt.
  • Als die erste Hauptsstadt der Mark musste Soldin die damit verbundenen Privilegien an Küstrin abgeben. Der Dreißigjährige Krieg, Stadtbrände und Seuchen brachten schwere Verluste und Zerstörungen. Erst zu Beginn des 18. Jahrhunderts begann der Wiederaufbau von Soldin.
  • Den kleinstädtischen Charakter hat Myślibórz bis heute bewahrt. Ein kleiner Spaziergang entlang der historischen Stadtbefestigung mit den eindrucksvollen Toren führt zur Kirche „St. Peter und Paul“ und zum Marktplatz mit dem Rathaus aus dem letzten Viertel des 18. Jahrhunderts.
  • Außerhalb der Stadt erinnert ein Denkmal an die 120 Soldiner, die als „Vergeltung“ am 7. Februar 1945 von Angehörigen der Roten Armee erschossen wurden.

 


Bad Schönfließ – ein vergessenes Moorbad (heute: Trzcińsko Zdrój)

Das Rathaus von Trzcińsko Zdrój
Das Rathaus von Trzcińsko Zdrój

  • An einer früheren Handelsstraße nach Stettin gelegen erhielt die Stadt eine noch heute sehr gut erhaltene Feldsteinmauer mit zwei Stadttoren und 25 Weichhäusern.
  • Sehenswert ist das mit einem eindrucksvollen spätgotischen Giebel ausgestattete Rathaus.
  • Ende des 19. Jahrhunderts wurden größere Moorschichten mit heilender Wirkung entdeckt. Bereits 1907 erhielt die Stadt das Prädikat „Bad“.

 


Königsberg in der Neumark (heute: Chojna)

  • Das Königsberg in der Neumark wurde 1244 erstmals urkundlich erwähnt. Die Stadt, an wichtigen Handelsruten liegend, erhielt das Marktrecht, die Gerichtsbarkeit, eine Münzanstalt und Zollkammer.
  • Von Weiten ist der 102 Meter hohe Kirchturm, den Friedrich August Stüler entwarf, sichtbar. Die Kirche wurde nach 1990, als ein europäisches Werk, wieder schrittweise aufgebaut.
  • Das in Backsteingotik gebaute Rathaus und die beiden Stadttore sind geschichtlich bedeutsame Bauwerke, in der 1945 zerstörten Stadt.

 


Zehden – Geschichte und Legenden (heute: Cedynia)

Blick vom Czcibor Berg in Richtung Oder
Blick vom Czcibor Berg in Richtung Oder

  • Am 24. Juni 972 fand in der Nähe eine Schlacht zwischen Czcibor, Bruder des Piastenherzogs Mieszko I., und dem Lausitzer Markgrafen Hodo statt. Obwohl dies nicht historisch eindeutig bewiesen ist, nimmt der Ort innerhalb der polnischen Geschichtsauffassung einen wichtigen Platz ein.
  • Seit Mitte des 13. Jahrhunderts entstand die deutsche Siedlung Zehden.
  • Bis zur Reformation betrieben die Zisterzienserinnen ein Kloster. Heute befindet sich in den alten Gemäuern ein Hotel.

 

 


Bärwalde – wo eins Gustav Adolf wirkte (heute: Mieszkowice)

Das Denkmal für Mieszko I.
Das Denkmal für Mieszko I.
  • An der Handelsstraße Küstrin – Stettin gelegen entwickelte sich Bärwalde zu einer typischen Ackerbürgerstadt.
  • Am 23. Januar 1631 schlossen die katholischen Franzosen und protestantischen Schweden den Vertrag von Bärwalde und bildeten damit eine „Allianz“ gegen den deutschen Kaiser.
  • Auf dem Marktplatz steht heute das Denkmal für den Piasten Mieszko I., dessen Namen der Ort heute trägt.

 


Quartschen – eine wehrhafte Kapelle (heute: Chwarszczany)

Templerkapelle in Chwarszczany
Templerkapelle in Chwarszczany

  • In der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts erhielt der Templerorden das Land zwischen Oder, Warthe und Mietzel. Nach ca. 100 Jahren erfolgte mehrfach ein Besitzerwechsel.
  • Sehenswert ist die gotische Kapelle, die noch einige romanischen Spuren aufweist. Die Architektur verweist auch auf den militärischen Charakter des Ordens, denn die westliche Fassade der einschiffigen Kapelle ist mit zwei schmalen Türmen mit „Schießscharten“ ausgestattet

Fontanes Tamsel (heute: Dąbroszyn)

Feldmarschall Hans Adam von Schöning
Feldmarschall Hans Adam von Schöning

  • Theodor Fontane erinnert in seinen Wanderungen durch die Mark Brandenburg an die berühmten Bewohner von Tamsel.
  • Das erste Schloss wurde von Feldmarschall Hans Adam von Schöning errichte.
  • Kronprinz Friedrich besuchte hier mehrfach Frau von Wreech und weilte als König nach der Schlacht von Zorndorf im von den Russen zerstörten Schloss.Von der früheren Pracht ist nicht mehr viel vorhanden. Im verwilderten Park steht das von der Zeit gezeichnete Victoria-Denkmal.
  • Das Schloss sieht nach anfänglichen Sanierungsarbeiten wieder einer unsicheren Zukunft entgegen.
  • Alleine die von Schinkel entworfene Kirche mit den wertvollen Sarkophagen wurde in den letzten Jahrzehnten restauriert.